Liebe und ZuneigungVon einigen Ausnahmen abgesehen, ist es unüblich, Händchen zu halten, Arm in Arm zu laufen oder ähnliches. Auf Körperkontakt wird im Alltag weitestgehend verzichtet. Jedoch sieht man inzwischen gelegentlich Jugendliche, die sich über diese Regel hinwegsetzen. Küssen in der Öffentlichkeit ist jedoch nach wie vor verpönt und findet nicht statt. Chikan („Sittenstrolch, Perverser“) bezeichnet eine spezielle Art sexueller Belästigung in Japan. Die Enge in einer Menschenmenge (vor allem in Pendlerzügen) wird von Männern genutzt, um zufällig in der Nähe stehende Frauen sexuell zu berühren und daraus einen Lustgewinn zu ziehen. Vereinzelt sind auch Chikan-Fälle von Frauen an Männern oder homosexuelles Chikan bekannt geworden. Obwohl Chikan in Japan eine Straftat ist, kam es lange Zeit kaum zu Anzeigen. Einerseits überwiegt bei vielen Opfern auch heute noch die Scham, sich als solches öffentlich zu erkennen zu geben; stattdessen wird die Belästigung erduldet oder versucht, unauffällig zu entkommen. Andererseits kommt es auch vor, dass selbst Frauen, die „Chikan“ rufen, keine Hilfe von den Umstehenden erhalten. Seit einiger Zeit versuchen aber Polizei, Bahnbetreiber und Medien, das Problem stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen, und bitten auf Plakaten in den Bahnhöfen und Zügen darum, beim Chikan ertappte Personen sofort einem Bahnangestellten zu überstellen. Zudem weisen immer mehr japanische Bahngesellschaften zur Hauptverkehrszeit und in den Abendstunden einen Waggon jedes Zuges als Frauenwaggon aus, in den nur Frauen einsteigen dürfen. Das Love Hotel (rabu hoteru, umgangssprachlich rabuho) ist eine besondere Art des Stundenhotels in Japan und gleichzeitig ein wichtiges Element der modernen japanischen Alltagskultur. Der Besuch eines solchen Etablissements gilt in Japan nicht unbedingt als anrüchig, auch wenn es von Prostituierten und für außereheliche Affären benutzt werden kann. Bei den meisten Kunden von Love Hotels handelt es sich jedoch um Schüler und Studenten, die bei ihren Eltern oder in Wohnheimen wohnen, sowie um verheiratete Paare, deren Räume zu Hause zu hellhörig sind. Auch wird das Love Hotel bevorzugt nach einem erfolgreichen Nampa (aggressives Flirten) oder Gōkon (Kuppeltreffen), für One-Night-Stands, Internetbekanntschaften etc. genutzt. Im Gegensatz zu normalen Hotels enthalten die Zimmer der Love Hotels ein großes Doppelbett. In der Regel ist am Bett ein eingebautes Regelungssystem für Licht (verschiedene Lichtszenarien, Dimmer), Radio und Fernsehen (immer mit Pornokanälen). Dazu gibt es ein größtenteils luxuriöses Bad, beispielsweise mit eingebautem Whirlpool. Während früher verspiegelte Decken oder Wände, Verkaufsautomaten für Pornobildchen und klobige, per Netzkabel und Münzautomat betriebene Vibratoren die Kunden unterhalten sollten, haben in modernen Love Hotels viele Zimmer zusätzlich Karaoke-Anlagen, Videospiele und große Minibars. Auch diverses Sexspielzeug und Pornofilme nach Wahl gehören oft zum kostenpflichtigen Zusatzangebot. Häufig sind die Zimmer auch thematisch gestaltet (z. B. im Disney-Stil, als Grotte, Zug, Raumschiff oder mit SM-Werkzeugen). Der Gast kann in der Lobby die verfügbaren Zimmer auf beleuchteten Fototafeln betrachten und dann den gewünschten Raum auswählen. Standardmäßig wird ein dreistufiges Preissystem angeboten: - „Rest“ (kyūkei): Für den normalen, kurzzeitigen Aufenthalt. Dabei mietet man in der Kansai-Region die Love-Hotel-Zimmer für eine oder anderthalb Stunden, während im übrigen Japan die Standardmietzeit zwei oder drei Stunden beträgt. - „Stay“: Ab einer bestimmten Zeit am späten Abend (je nach Lage meist 23 oder 24 Uhr) sind die Zimmer meist nur noch pauschal für den Rest der Nacht erhältlich. Die Preise für eine Übernachtung liegen dabei über den „Rest“-Tarifen, jedoch meistens unter denen eines regulären Hotels. - „Service time“ (sābisu taimu), auch „free time“ genannt: Viele Love Hotels bieten Sonderangebote zu den besucherschwachen Zeiten am Vor- und frühen Nachmittag, zu denen besonders günstige Zeit- oder Preispauschalen angeboten werden. Die Preise variieren je nach Alter und Lage sehr stark zwischen verschiedenen Hotels. Die Bezahlung erfolgt heute im ländlichen Raum überwiegend vollautomatisch und ohne den als „peinlich“ erachteten Kontakt mit einem Hotelangestellten, um die Anonymität zu wahren. In Tokio sitzt die Person an der Kasse dagegen hinter einer Art Blende, sodass nur die Hände sichtbar sind, die das Geld entgegennehmen. Es gibt auch Love Hotels ganz ohne Kontakt zu Bediensteten. Dort wird die Zimmertür nach dem Buchen automatisch aufgeschlossen und nach dem Betreten automatisch verriegelt. Um den Raum zu verlassen, muss dann über ein Rohrpostsystem die Zimmermiete an die Rezeption geschickt werden, die das Schloss wieder freigibt. |